Fischbach/Dahn aufgenommen in die Karte demokratiegeschichtlicher Gedenkorte. Gedenktafel wird errichtet

Fischbach/Dahn aufgenommen in die Karte demokratiegeschichtlicher Gedenkorte.
Gedenktafel wird errichtet

Der über 800 Jahre alte Ort Fischbach mit seinen 1.450 Einwohnern liegt direkt an der deutsch-französischen Grenze im Biosphärenreservat Pfälzerwald/Nordvogesen. 14 Tage nach der französischen Revolution gab es hier den „Fischbacher Aufstand“. Fischbach ist damit wohl das erste Dorf im heutigen Gebiet Deutschlands, dem es gelang, sich aus eigener Kraft von den Fesseln der feudalen Ordnung zu befreien.

Mit der jetzt erfolgten Aufnahme in die Weimarer Karte Weimarer demokratiegeschichtlicher Gedenkorte wird diese Historie gewürdigt. Bild: Fischbach bei Dahn. Ein Ort der Demokratiegeschichte von bundesweiter Bedeutung.

Fischbach/Südwestpfalz.4.5.2021/hi/HS. Es sind nicht nur so bekannte Orte wie die Frankfurter Paulskirche oder die Nikolaikirche in Leipzig, an denen deutsche Demokratiegeschichte geschrieben wurde.

Auch an vielen anderen Orten jenseits großer Städte fand Entscheidendes für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland statt. Im Hambacher Schloss in der Südpfalz beispielsweise. Oder eben auch in Fischbach bei Dahn.

Nach rund 15 Jahren beharrlichen Bemühens ist es nun endlich geschafft. Heimatforscher Helmut Seebach und sein Mitstreiter, der Publizist und  Politikberater Thomas Handrich, haben viel Überzeugungsarbeit und heimatgeschichtliche Aufklärung zur bundesweiten Bedeutung des „Fischbacher Aufstands von 1789“ leisten müssen. Jetzt ist Fischbach bei Dahn als Ort der Demokratie vom Verein Weimarer Republik e.V. in die Karte aufgenommen worden.

Nachdem der Bundestag am 23. April grünes Licht für die Bundes-Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ gegeben hat, ist es für die südwestpfälzer Kommune eine gute Möglichkeit, ihren Besuchern ein Bewusstsein für den Wert der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu vermitteln.

Fischbachs Ortsbürgermeister, Michael Schreiber, hat bereits eine Gedenktafel erstellen lassen. Die wird offiziell im Ort im Rahmen einer Feierstunde eingeweiht, sobald es die Corona-bedingten Einschränkungen zulassen.

„Wir Fischbacher sind stolz auf unsere demokratiegeschichtliche Vergangenheit“, strahlt Michael Schreiber, „immerhin sind wir neben dem Hambacher Schloss ein weiterer Pfälzer Demokratie-Ort von bundesweiter Bedeutung“.

Dem komme auch ein besonderer Stellenwert im deutsch-französischen nachbarschaftlichen Verhältnis zu. Denn, so Schreiber: „wir leben hier in engem nachbarschaftlichen Verhältnis mit unseren französischen Freunden und Verwandten.  Vieles besprechen wir bei einem grenzüberschreitenden Stammtisch der regionalen Ortsbürgermeister. Auch den 8. Mai feiern wir gemeinsam mit unserer Partnergemeinde Lampertsloch im Elsass.

Aber auch für den Tourismus in der ländlich geprägten Region sei die Eintragung auf der Karte als Demokratie-Gedenkort ein belebendes Element: „Für Fischbach als größter Ort im Sauertal ist der Touismus ein ganz wichtiges Plus.

Fischbacher Aufstand von 1789. Kurzer Abriss für historisch Interessierte. Von Helmut Seebach

Angestachelt von den Ereignissen in Paris, zogen wenige Tage nach der Erstürmung der Pariser Bastille vom 14.7.1789, dem Tag des Beginns der Französischen Revolution, die Bauern und Gesellen des Dorfes Fischbach bei Dahn in die herrschaftlichen Wälder des Freiherrn von Waldenburg, des Speyerer Hochstifts und des Zisterzienserklosters von Stürzelbronn.

In den Quellen finden sich keine Hinweise, dass auch Frauen bei dem Aufstand unmittelbar beteiligt waren. An alle drei Obrigkeiten mussten die Bauern und Bäuerinnen von Fischbach Abgaben leisten bzw. verwehrten die Obrigkeiten ihnen weitgehend die Nutzung der Wälder.

Im Dorf herrschte große Armut, der karge Boden ermöglichte nur sehr mäßige Ernten.

Die Fischbacher*innen eigneten sich alte Wald- und Weiderechte an, um die sie jahrzehntelang vergeblich vor Gericht gekämpft hatten. Sie schlugen Holz, teilten Äcker und Wiesen untereinander auf und verweigerten die Zahlung von Abgaben und Steuern an die Obrigkeit. Deren Erbpächter und Verwalter wurden vertrieben.

Wenige Tage später zogen sie mit Bauern aus benachbarten Dörfern zur Abtei Stürzelbrunn, um sich die erkämpften Nutzungsrechte verbriefen zu lassen. Sie hofften dadurch in Zukunft frei von Hunger und bitterer Armut zu sein. Zudem rüttelten sie durch ihre Aktion mächtig an den Verhältnissen, die sie dauerhaft zu verändern suchten.

Ähnliche Bauernaufstände gab es im linksrheinischen Gebiet kurz nach Beginn der Französischen Revolution viele, doch Fischbach ist wohl das erste Dorf im heutigen Gebiet Deutschlands, dem es gelang, sich aus eigener Kraft von den Fesseln der feudalen Ordnung zu befreien.

Fischbach hat im Zweiten Weltkrieg viel Zerstörung erleben müssen. Und auch im Kalten Krieg blieb durch die Stationierung von US-Atomwaffen im Wald bei Fischbach der Krieg präsent.

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