Nachdem am Gräfenhausener Wingertsberg die wein- und obstbauliche Nutzung aufgegeben worden war, verbuschten die Flächen stark. Um dem entgegenzuwirken, besteht dort seit Oktober 2014 ein Beweidungsprojekt. Das 13 Hektar große Gelände ist in Trägerschaft der Kreisverwaltung SÜW als unterer Naturschutzbehörde. Seither weiden Rinder, Esel und Ziegen auf dem Südhang des Gräfenhausener Wingertsberg. Um die Landschaft zu öffnen und das Gehölz zugunsten von Grünland zurückzudrängen.
Archivbild Verein SÜW Annweiler.TIZIE. Winzerin Andrea Schneider aus Gräfenhausen, die Initiatorin des Beweidungsprojekts
Annweiler-Gräfenhausen.27.5.2021/hi. Bei einem Besuch vor Ort machte sich SÜW-Landrat Dietmar Seefeldt ein Bild von der Entwicklung, nachdem zuvor erste Zwischenergebnisse aus einer wissenschaftlichen Begleituntersuchung vorlagen. Mit dabei waren Fachleute der unteren Naturschutzbehörde und Mitglieder der Kreistagsfraktion der Grünen.
Offenhaltung der Landschaft funktioniert. Tierische Artenvielfalt profitiert
Landrat Dietmar Seefeldt zeigte sich beeindruckt vom Erfolg des Projekts, der für jedermann sichtbar und dazu wissenschaftlich belegt ist: „Die Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung, durchgeführt im Auftrag der Landeskulturverwaltung, zeigen einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt.“
So habe sich die Anzahl der Brutvogelarten auf der Weidefläche mehr als verdoppelt, die Populationen der vorkommenden Reptilienarten haben sich stabilisiert. Zur weiteren Projektsteuerung erläuterte Seefeldt: „Die Begleituntersuchung soll noch diesen Sommer abgeschlossen werden. Nach Auswertung der Ergebnisse kann dann die Besatzdichte der Weidetiere, also wie viele Tiere dort stehen sollen, nach naturschutzfachlichen Kriterien neu festgelegt werden.“
Die Steuerung der Besatzdichte wird in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) und in Abstimmung mit dem landwirtschaftlichen Betrieb von Bernd Völlinger, der für die Tierhaltung verantwortlich zeichnet, erfolgen. Eine Anpassung der Zahl der Weidetiere erscheine auch sinnvoll im Hinblick auf die zu erwartende, zunehmend trockenere Sommerwitterung mit vermindertem Futterangebot.
Weidetiere schaffen Vielfalt und ökologischen Nischen für nachfolgende Arten
„Ziel des ganzjährigen Beweidungsprojekts in Gräfenhausen ist insbesondere, die Artenvielfalt bei Kleinsäugern, Brutvögeln, Reptilien und bodenbewohnenden Insekten anzukurbeln. Beweidungssysteme mit robusten Tierrassen in halbwilder Haltung sind im praktischen Naturschutz seit einigen Jahren ein anerkanntes Instrument“, erläuterte dazu Richard Dümmler von der unteren Naturschutzbehörde die Hintergründe.
In der Anfangsphase sei der Beweidungsdruck am Wingertsberg durch einen Mehrbesatz an Weidetieren bewusst hoch gehalten worden, um den Gehölzverbiss voranzutreiben und neue Grünlandflächen zu schaffen. Das Weideland zeige sich deshalb aktuell unter starkem Verbiss der Offenlandvegetation, der Gehölzinseln und Gehölzränder sowie im Bereich des baumbestanden Unterwuchses, so Dümmler auf entsprechende Fragen. „Die neu entstandenen Offenlandflächen sollen jetzt schrittweise und angepasst an die örtlichen Verhältnisse einer extensiveren Pflege und Bewirtschaftung zugeführt werden.“
Blick vom Wingertsberg ins Hahnenbachtal Diese Burenziegen weiden neben anderen Tieren auf dem Gräfenhausener Wingertsberg
Beweidungsprojekt Gräfenhausen. Historie.
Auszug aus einem Text von Stefanie Ofer: „Eine Chance für die Natur“
Seit 2014 machen Auerochsen, Ziegel und Esel dem Gestrüpp am Wingertsberg den Garaus. Bis in die 1970er Jahre hinein wurde der Wingertsberg von zahlreichen Privathaushalten für den Wein- und Obstanbau genutzt. Da die Arbeit am Steilhang nicht nur hart, sondern auch kosten- und zeitintensiv war, wurden die Parzellen allerdings nach und nach sich selbst überlassen. Brombeeren, Schlehen und Wildrosen übernahmen schnell das Regiment. Und innerhalb kurzer Zeit war das Gelände so stark verbuscht, dass die Zauneidechse oder seltene Vogelarten wie der Wendehals zu verschwinden drohten.
Die Winzerin Andrea Schneider vom Weingut Burgunderhof in Gräfenhausen suchte nach einer Lösung und initiierte das Beweidungsprojekt.
Mit dem Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen als Berater und durch Unterstützung der Kreisverwaltung SÜW und des Landes RLP konnten über 300 Grundstücke erworben oder gepachtet werden. Damit war der Wingertsberg für ein Beweidungsprojekt verfügbar.
Aktuell sind zwei Esel, eine Herde Burenziegen mit zehn Zicklein und neun Auerochsen – ein Bulle und acht Mutterkühe – als Biotoppfleger im Einsatz. Alle Tiere gehören Bernd Völlinger aus Venningen.
Dass das von den Tieren gestaltete Gelände nicht nur artenreich, sondern auch attraktiv ist, davon können sich Spaziergänger auf einem etwas drei Kilometer langen Rundweg überzeugen. Immer wieder eröffnen sich hier wunderbare Blicke auf die Burgen Trifels, Anebos und Münz. Und nebenbei kann man die weidenden Tiere beobachten.
So fördert das Beweidungsprojekt Annweiler-Gräfenhausen auch den sanften Tourismus im Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen.