Corona-Pandemie Südwestpfalz.
Landkreis will regional angepasst reagieren können

Wie in nahezu der gesamten Bundesrepublik steigt auch im Bereich des Gesundheitsamtes Südwestpfalz (Landkreis sowie Städte Pirmasens und Zweibrücken) die Zahl der mit dem Virus SARS-CoV-2 und seinen Varianten Infizierten deutlich an. Betroffen sind zunehmend jüngere Erwachsene sowie Schul- und Kindergartenkinder. Dies war auf einer von Landrätin Susanne Ganster (CDU) einberufenen Pressekonferenz zu erfahren. Darauf sollte man der regionalen Situation angepasst reagieren können, ergänzend zu pauschalen Regelungen von Land und Bund, wünscht sie sich. Ausgangsperren sehe sie nach wie vor kritisch.

Pirmasens.18.4.2021/Werner G. Stähle. Es sei ihr ein Anliegen, die Öffentlichkeit zu informieren, „auch weil wieder viel in Bewegung ist“, eröffnete Landrätin Ganster ihr Pressegespräch. Neu sei, dass mittlerweile Kleinkinder bis vier Jahre betroffen seien und bei bis Vierzehnjährigen deutliche Ausschläge verzeichnet würden. Unter zwischen 15 und 39-jährigen sei ein deutlicher Anstieg erkennbar und 40 bis 59 Jahre alte Personen seien mittlerweile stark betroffen. Bei über 80-jährigen würden kaum noch Neuinfektionen auftreten. Hier zeige sich seit Beginn der Impfungen ein starker Rückgang.

Der allgemeine Anstieg von erkannten Neuinfektionen sei kaum auf die seit sieben Wochen stark zunehmende Zahl von Schnell- und Selbsttests zurückzuführen, erläuterte Thorsten Höh, Referent der Landrätin, auf Nachfragre. Diese hätten nur zu drei Prozent mehr PCR-Tests geführt.

Vom Infektionsgeschehen betroffen seien auch Bildungseinrichtungen, berichtete Landrätin Ganster. Derzeit seien bei Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften von 25 Schulen Infektionsfälle bekannt. Es handele sich ausschließlich um Einzelfälle. Ein Ausbruchgeschehen sei nicht zu verzeichnen. Auch bei Kindern und Personal von 23 Kindertagesstätten gebe es derzeit positive Testergebnisse.

Schnelltests in den Schulen unter Anleitung ausgebildeter Personen
Es würden regelmäßig Selbsttests unter Anleitung durchgeführt. Zeigten diese eine mögliche Infektion an, folge ein Schnelltest. Alle Schulen hätten inzwischen erreicht, dass dafür ausgebildete Personen zur Verfügung stehen. Ist auch der Schnelltest positiv, schließe sich zur sicheren Abklärung ein PCR-Test an. Diese Reihenfolge sei von der Landesregierung so vorgegeben. „Das wird von uns kritisiert“, fügte Susanne Ganster an. „Besser wäre nach positivem Selbsttest gleich der PCR-Test.“
Die erforderlichen Einverständniserklärungen zum Schnelltest (der juristisch einen körperlichen Eingriff darstellt) lägen pro Einrichtung in unterschiedlichen Anteilen vor. Sie erwarte, dass diese stiegen. Manchmal seien zwar die Eltern einverstanden, aber die Kinder ängstlich. Es gäbe auch Verweigerung und mitunter „starke Reaktionen“, so Susanne Ganster auf die entsprechende Frage.

Es fehlt nach wie vor an Impfstoff
Die vom Land zugeteilten Mengen an Impfstoff seien noch immer nicht ausreichend, erklärte die Landrätin. Das Impfzentrum des Landkreises arbeite an sieben Tagen in der Woche von 8 bis 18 Uhr. Das verdanke man eigens angestellten Kräften sowie zum größten Teil einem Stab von Ehrenamtlichen aus Ärztinnen und Ärzten, Apothekern, Sanitätskräften sowie Verwaltungspersonal.

Bei den Ehrenamtlichen gebe es ein Problem. Deren Aufwandentschädigung unterliege steuerlich den Grenzen der „Übungsleiterpauschale“ (Jahresfreibetrag, wie bei Sportvereinen). „Das reicht nicht“, bemängelte Landrätin Ganster, „das bringt uns praktische Probleme“. Sie habe die Landesregierung angeschrieben, deren Reaktion stehe noch aus.

Stand Donnerstag hätten 17.032 Personen Erstimpfungen bekommen und 4.168 auch die Zweite Dosis. Impflinge könnten das Vakzin nicht wählen, war zu hören. Das erfahre man erst vor der Verabreichung. Verweigerungen kämen vor. In diesem Fall werde keine alternative Impfung angeboten. Betroffene könnten sich um einen neuen Termin zu gleichen Bedingungen bemühen.

Demnächst Kontaktverfolgung mit der Luca-App
Für den Einsatz der Luca-App sei technisch alles vorbereitet. Man erwarte, in zwei Wochen beginnen zu können. Eine einzelne Zertifizierung stehe noch aus. Allerdings sei die Datenschutz-Haftung noch ungeklärt sowie wer die Folgekosten trägt. Man schätze diese auf 80.000 Euro.

Diese App habe viele Vorteile, aber es werde beispielsweise in Restaurants im Gegensatz zur bisherigen Schriftform die Tischnummer nicht erfasst. Deshalb könne gegebenenfalls die Zahl der möglichen Kontaktpersonen nicht eingegrenzt werden, was den Aufwand zur Nachverfolgung künftig erheblich steigere.

Problematische Ausgangssperre
Die Verhängung von Ausgangsperren sehe sie nach wie vor kritisch, betonte Susanne Ganster. Zwar sei sie der Meinung, es brauche eine bundeseinheitliche Regelung, aber sie fordere auch, dass regional angepasste Reaktionen möglich sind. Tatsächlich würde das Land keine Abweichungen genehmigen. Sie habe dort zusammen mit dem Leiter des Gesundheitsamtes konkrete Situationen geschildert und Vorschläge vorgetragen, was aber nicht genehmigt worden sei. „Wir wollen regional reagieren können“, betonte die Landrätin.

Aktuell
Stand heute, 18. April, ordnet das Landesuntersuchungsamt (LUA) den Landkreis Südwestpfalz mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 93,9 in Alarmstufe rot ein. Die Stadt Pirmasens hat heute mit 201,3 erstmals die 200er Marke überschritten. Und Zweibrücken, das zeitweilig den niedrigsten Wert des gesamten Bundeslandes verzeichnen konnte, findet sich seit gestern mit 114,1 über über dem Grenzwert, ab dem vom Land angeordnete zusätzliche Beschränkungen und Verbote gelten, falls dieser anhält.

Quelle: red.
Die Grafik der KV Pirmasens zeigt die Entwicklung der Fallzahlen in der Corona-Pandemie in der Südwestpfalz. Zeitraum: Apr.2020 bis 18.4.2021

SÜW-Schuldezernent Ulrich Teichmann (Grüne): Verpflichtende Corona-Tests in Schulen

Für verpflichtende Corona-Tests an Schulen spricht sich der Schuldezernent des Landkreises Südliche Weinstraße, Ulrich Teichmann, aus. Nach ersten Erfahrungen an den weiterführenden Schulen des Landkreises hält Teichmann die freiwillige Testung nicht mehr für ausreichend. Es habe sich gezeigt, dass sich nur ein Teil der Schülerinnen und Schüler selbst getestet hat. Ein großer Anteil verweigere die Tests.

SÜW.13.4.2021/hi.  „Wenn ungetestete Schülerinnen und Schüler neben getesteten am Unterricht teilnehmen, kann die Situation entstehen, dass unerkannt Infizierte andere anstecken. Das ist aber genau das, was verhindert werden soll. So lässt sich das Infektionsgeschehen in den Schulen nicht sicher verringern“, betont Teichmann.

Die Testung müsse zudem in der Schule und nicht zu Hause stattfinden. Anders sei keine sichere Kontrolle möglich. Für Lehrerinnen und Lehrer bedeute das zwar eine neue Belastung und Herausforderung, aber zugleich auch eine größere Sicherheit für alle Beteiligten, erläutert der Schuldezernent, und stellt klar: „An den Grundschulen gab es zum Teil eine freiwillige Teilnahme der Schülerinnen und Schüler von bis zu 100 Prozent. Leider ist dieselbe Beteiligung nicht an unseren weiterführenden Schulen zu finden. Natürlich wäre es am besten, wenn wir statt testen impfen könnten.“

Ulrich Teichmann fordert daher, dass sich das rheinland-pfälzische Kultusministerium auf verpflichtende Testungen an weiterführenden Schulen festlegt, wie das in vielen Bundesländern nun bereits stattfinde.