Staatssekretärin Katrin Eder (Grüne): „Annweiler setzt mit Neubau Zeichen für den Klimaschutz“.
Klimaschutzministerium fördert den Bau eines multifunktionalen Forsthofs in innovativer Holzbauweise mit 150.000 Euro

In dem neuen in Niedrigenergie-Bauweise errichteten Gebäude werden zukünftig die sieben Lager- und Produktionsstätten der kommunalen Forstgesellschaft „Trifels Natur“ an einem Ort gebündelt. Stadtnah gelegen und gut erreichbar werden im Forsthof nach der Fertigstellung, voraussichtlich Ende 2022, unter anderem regionale Produkte wie Wildfleisch, Brennholz oder selbst hergestellte Naturprodukte zum Kauf angeboten. Auch soll im neuen barrierefreien Seminarraum Wissen über die ökologischen Kreisläufe des Waldes vermittelt werden.
Bild: Modell des Forsthofs Annweiler. Foto: cmc-hi

Annweiler.21.8.2021/mkuem. Als Baumaterial für das Gebäude kommt das hierfür bislang wenig verwendete Holz der Edelkastanie zum Einsatz. Die wärmeliebende und im Bereich von Annweiler auf über 700 Hektar – vor allem in den Kommunal- und Privatwäldern – bestandsbildende Baumart verfügt von Natur aus über gute Materialeigenschaften. So sorgt beispielsweise der große Gehalt an Gerbstoffen für eine hohe Dauerhaftigkeit.

Niedrigenergie-Bauweise mit Ressourcen- und Energieeffizienz
Nicht nur das im eigenen Wald wachsende und geschlagene Kastanienholz, das zu 100 Prozent PEFC zertifiziert ist, werde die CO2– Bilanz des Forsthofs aufwerten, teilte das Landesministerium für Klimaschutz/Umwelt/Energie/Mobilität (MKUEM) mit. Auch die Niedrigenergie-Bauweise im KfW-Effizienz 55-Standard, die Photovoltaikanlage auf dem Dach, die Holzvergaserheizung mit Pufferspeicher sowie eine Wärmepumpe und die Regenwasserzisterne würden einen wertvollen Beitrag zur Ressourcen- und Energieeffizienz leisten.

9 Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr
“Verglichen mit einem konventionell gebauten und mit Erdgas beheizten Gebäude wird der Annweiler Forsthof jährlich rund 46.000 Kilowattstunden weniger Energie verbrauchen und pro Jahr rund 9,2 Tonnen CO2 einsparen“, erklärte die Klimaschutzstaatssekretärin Katrin Eder.

Einzigartige Holzkonstruktion
Für den Bau der neun Meter hohen Halle, deren Tragwerk eine Spannweite von zirka 20 Metern umfassen wird, wird Edelkastanienvollholz als konstruktiv tragendes Holz sowie Fachwerkbinder aus Vollholz verwendet. Da in Deutschland bislang kaum Erfahrungen mit dem Bauholz Edelkastanie vorliege und keine entsprechende Baunorm existiert, handele es sich hier um eine konstruktive Herausforderung, so Staatssekretärin Eder.

Um grundsätzliche Schwierigkeiten auszugleichen, die die Edelkastanie durch ihre Wuchsform aufweist, und damit sowohl Längen wie auch Querschnitte an ihre Grenzen stoßen, wurde für die erforderlichen Spannweiten ein Fachwerk-Dreigelenkrahmen aus Vollholzelementen neu entwickelt. Damit sollen spätere Gebäude bzw. Bauaufgaben technisch überhaupt ermöglicht werden, aber auch kostengünstiger umsetzbar sein.

Mit anderen Laubholzarten wurden solche Dreigelenksrahmen bereits realisiert, nicht jedoch mit der Edelkastanie. Eder: “Damit betritt man in Annweiler konstruktives Neuland. Durch das neue Gebäude erhofft man sich wichtige Erkenntnisse, was die technischen und statischen Möglichkeiten betrifft. Bei der Entwicklung wurden alle baurechtlichen und statischen Erfordernisse erfüllt und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt”.

Weltweit einzigartig: Der Forsthof Annweiler.
Trifels Natur zeigt, wie auf lokaler Ebene Anpassung an den Klimawandel aussehen kann. Südpfalz aktuell berichtete.

Investitionsvolumen 1,5 Mio Euro. 437.000 Euro Fördermittel.
Die Gesamtkosten des Neubaus belaufen sich auf rund 1,5 Millionen Euro. Hierfür stellt das rheinland-pfälzische Klimaschutzministerium 150.000 Euro zur Verfügung. Weitere 287.000 Euro kommen aus dem EU-Förderprogramm „GReENEFF“ (Grenzüberschreitendes Netzwerk zur Förderung innovativer Projekte im Bereich der nachhaltigen Entwicklung und der Energieeffizienz in der Großregion/INTERREG V A).

Weltweit einzigartig: Der Forsthof Annweiler.
Trifels Natur zeigt, wie auf lokaler Ebene Anpassung an den Klimawandel aussehen kann.

Unser Wald ist in der Klimakrise. Hochwertigere Nutzung im Holzbau ist eine wichtige Anpassungs -Maßnahme an die Folgen des Klimawandels. Der Forsthof Annweiler wird in innovativer Holzbauweise und mit einem ausgereiften Energiekonzept, erstellt. Weltweit einmalig ist, dass Edelkastanienholz als konstruktiv tragendes Holz in einem Gebäude mit großer Spannweite verwendet wird und eine spezielle Binderkonstruktion zum Einsatz kommt.

Bild: Förster und und Geschäftsführer der Trifels Natur GmbH, Harald Düx (rechts), erläutert Privatwald-Berater Karl-Heinz Busch am Modell auf dem Gelände des künftigen Annweiler Forsthofs, die Besonderheiten der Konstruktion aus Kastanienholz. (Im Hintergrund: Sarah Burkard, Mitarbeiterin der Trifels Natur GmbH).

Annweiler.12.5.2021/hi. Aufgrund der ausgeprägten Dürre der vergangenen Jahre und dadurch ausgelöster, massenhafter Borkenkäfervermehrung sind auch im Annweiler Wald große Schadflächen entstanden. Diese müssen wiederbewaldet werden. Wo immer möglich, setzt daher der Förster auf die Kräfte der Natur und auf die natürliche Ansamung von Baumarten. So pflanzt beispielsweise Annweilers Förster, Harald Düx, punktuell Kleingruppen von Bäumen wie etwa Traubeneichen, Linden oder Esskastanien, die den künftigen klimatischen Bedingungen hoffentlich besser gewachsen sind. Dadurch wird die Vielfalt und Anpassungsfähigkeit der jungen Waldgeneration erhöht, ist Düx überzeugt.

„Der Wald ist ein Ökosystem. Seine natürliche Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Umweltbedingungen zu stärken, ist eine Jahrhundertaufgabe für alle Waldbesitzer“, sagt auch Karl-Heinz Busch aus Annweiler. Busch ist Mitglied im Waldbauverein Trifels und ehemaliger Privatwaldberater.

Das Holzbau-Projekt für den neuen Forsthof der städtischen Trifels Natur zeige eindrucksvoll, wie auf lokaler Ebene Anpassung an den Klimawandel aussehen könne, fügt Busch hinzu, der selbst als Waldeigentümer alltäglich mit den Herausforderungen des Klimawandels für die Wälder konfrontiert ist.

Der Klimawandel erfordert auch im Wald neue Strategien
Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) hat kürzlich der Hochschule Trier bis zu 260.000 Euro Fördergeld bewilligt, um Potenziale für eine nachhaltige, hochwertige Nutzung im Holzbau zu erforschen. Bisher wird nämlich Laubholz mit geringem Durchmesser, das sogenannte Laubschwachholz, wegen fehlender Alternativen primär als Brennholz genutzt.

Aufgrund seiner schwierigen Sägefähigkeit gibt es bisher kaum markttaugliche Produkte, um es beispielsweise im konstruktiven Hausbau zu nutzen, obwohl das Holz besonders gute Festigkeitswerte aufweist. Da der Anteil des Laubholzaufkommens infolge des Klimawandels und des ökologischen Waldbaus steigen wird, sei es wichtig, die Potenziale des Laubholzes für den Holzbau auszuloten, betont die Ministerin.

Auch MdL Andreas Hartenfels, Sprecher der Grünen für Umwelt und Forsten und Mitglied im Klimaschutz-Beirat, hat in einem Digitalen Bürgerdialog am 22. Februar dieses Jahres erläutert, wie bedeutsam eine nachhaltige Holznutzung für den Klimaschutz sei. Bauen mit Holz und insbesondere die Nutzung von Laubholz müsse ausgeweitet werden: „Innovative Methoden der Verarbeitung von Laubholz werden wir unterstützen“.

Bauen mit Holz
Jeder verbaute Kubikmeter Holz leistet einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz. Wird das Holz verbaut, bleibt das CO2 in Form von Kohlenstoff gebunden. Der Wald ist daher ein CO2-Senker.

Mit Holz funktioniert die Wertschöpfungskette: Die Bezugswege für Holz sind in Rheinland-Pfalz kurz und die energetisch wenig aufwendige Verarbeitung sorgt insgesamt für einen geringeren Energieaufwand.

Die Edelkastanie ist ein Klimawandelbaum. In der Region Annweiler ist rund ein Drittel des deutschen Kastanienholzaufkommens zu finden.

Annweiler Forsthof im Holzbau. Zahlen, Daten, Fakten
Der Forsthof Annweiler soll auf dem rund 5.800 qm großen Gelände im Gewerbegebiet „In den Bruchwiesen“ neu errichtet werden. Er wird in modellhafter Weise Ressourcen- und Energieeffizienz miteinander verbinden.

„Ein nachhaltiges Gebäude für den zentralen Forstbetrieb zu bauen, die Pfalz als Holzbauregion im grenzüberschreitenden Biosphärenreservat Pfälzerwald zu etablieren und ein Referenzobjekt in Holzbauweise zu realisieren, das mit seinem innovativen und nachhaltigen Konzept einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung eines funktionierenden Holzclusters in der Großregion leistet“, umreißt Harald Düx die Zielsetzungen.

Zudem solle der grenzüberschreitende Erfahrungsaustausch in der forstlichen Großregion gefördert werden.

Der Forsthof Annweiler erreicht einen KfW-55-Effizienzgebäude-Standard. Verglichen mit einem konventionell gebauten und mit Erdgas beheizten Gebäude gleicher Kubatur, verbraucht der Forsthof Annweiler jährlich 46.000 kWh weniger Energie und spart jährlich rund 9,2 Tonnen CO2 ein.

Die Halle hat eine Höhe von rund 9 Meter und eine Spannweite von 20 Metern. Zum Großteil wird Holz aus dem eigenen Stadtwald verbaut. Durch konstruktiven Holzschutz mittels Dachüberständen, innovativen Verbindern usw. kann auf chemischen Holzschutz verzichtet werden. Der eigentliche Baubeginn wird im Laufe dieses Jahres sein. Im nächsten Jahr 2022 soll der Forsthof Annweiler fertig gestellt sein.

Forsthof Annweiler ist ein Pilotprojekt von GReENEFF
GReENEFF ist ein INTERREG-Projekt im Programmbereich INTERREG V A Großregion. Das Programm heißt offiziell „europäisch territoriale Zusammenarbeit“. Es fördert seit mehr als 20 Jahren die grenzüberschreitende Kooperationen zwischen lokalen und regionalen Akteuren. Das INTERREG-Programm wird aus dem „Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung“ (EFRE) gefördert.

Ziel von GReENEFF ist es, ein grenzüberschreitendes Netzwerk im Bereich Ökoquartiere und sozialer Wohnungsbau mit hohen Energieeffizienz-Standards aufzubauen. Die Teilnehmer wollen voneinander lernen und nach Möglichkeit reproduzierbare Erfahrungen sammeln.
In der ersten Projektphase wurde ein grenzüberschreitender Kriterienkatalog für hocheffiziente energetische Sanierungen und Neubauvorhaben erstellt.
In der zweiten Projektphase steht die Entwicklung, Förderung und fachliche Begleitung von Pilotprojekten im Vordergrund.

Der Neubau des Forsthofs Annweiler ist eines der Pilotprojekte im Rahmen von GReENEFF und wird mit Mitteln aus dem INTERREG-Programm finanziell gefördert. Außerdem wird der Forsthof Annweiler noch von der Clusterinitiative Holz in Rheinland-Pfalz sowie der KfW finanziell gefördert.