Regionale Corona-Analyse SÜW/LandauFrühlingserwachen auf dünnem Eis

Regionale Corona-Analyse SÜW/Landau
Frühlingserwachen auf dünnem Eis

Auf dem Messplatz am Queich-Ufer tummeln sich Sonnenhungrige. Die Produktion des Eiswerk läuft auf vollen Touren. Aber das idyllische Frühlingsbild ist trügerisch. Die britische Corona-Mutation verbreitet sich in Deutschland zunehmend. Inzwischen gehen rund 30 Prozent der Neuinfektionen auf die Genvariante B.1.1.7 zurück. Sie gilt als bis zu 70 Prozent ansteckender als die ursprüngliche Variante des Virus.                   Grafikcmc-hi

Annweiler(25.2.21/hi). Ein sonniger Frühlingstag im Februar. Mit 21 Grad Außentemperatur. Das hatten wir schon lange nicht mehr. Raus aus dem Homeoffice und das erste leckere Corona-Eis genießen. Aber die Pandemie ist noch längst nicht vorbei. Nüchterne mathematisch-statistische Analysen des Infektionsgeschehens zeigen es.

Lothar Wiehler, Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), zeigt sich besorgt. Der Rückgang der täglichen Fallzahlen seit Mitte Januar 2021 setzt sich aktuell nicht fort. Die Hinweise auf eine mögliche neue Verschärfung der Corona-Krise mehren sich. Wie dpa meldet, haben die Gesundheitsämter dem RKI binnen eines Tages 11.869 Corona-Neuinfektionen gemeldet – und damit 1.662 mehr als genau vor einer Woche, am 18. Februar. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Donnerstagmorgen mit bundesweit 61,7 höher als am Vortag (59,3). Nach wie vor, so die aktuelle Lagebeschreibung des RKI, sei eine hohe Anzahl an Übertragungen zu beobachten. Das RKI schätze die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung als sehr hoch ein.

Dies könnte darauf hindeuten, dass sich die ansteckenderen Virusvarianten trotz des Lockdowns rascher ausbreiten.

Und wie ist die regionale Entwicklung in SÜW/Landau?

Seit unserer zuletzt am 2. Januar veröffentlichen Analyse hat sich das Infektionsgeschehen in unserer Region weitgehend analog zum bundesweiten Durchschnitt entwickelt. Das zeigen die aktualisierten statistischen Analysen, die wir in den Grafiken dargestellt haben.

Insbesondere ist erkennbar, dass die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auch in Annweiler, in den umliegenden Verbandsgemeinden und in der Stadt Landau gewirkt haben. Die Kurve der regionalen Neuinfektionen geht nach unten. Der regionale Inzidenzwert ist im Laufe der letzten vierzehn Tage von 50,2 auf 38,3 gesunken, verharrt allerdings auf diesem Niveau. Die Inzidenz im Kreis SÜW und in der Stadt Landau liegt damit zum ersten Mal seit Ende Oktober wieder stabil unter 50. Auch der R-Wert in SÜW/Landau liegt seit Ende Januar dauerhaft unter 1,0. Zuletzt allerdings wieder mit steigender Tendenz.

Alles gut also, könnte man meinen.
Und man könnte auf die angekündigten Lockerungen bis Ostern hoffen. Was man aber in den Zahlen und Grafiken nicht sieht, das sind die Ergebnisse der Genom-Sequenzierung, die in den Testlaboren stichprobenartig vorgenommen werden. In Rheinland-Pfalz sind das ungefähr fünf Prozent aller Tests.
Nachdem kurz nach Weihnachten im Landkreis Germersheim erstmals die neue Virusvariante B.1.1.7 aus England nachgewiesen wurde, hat sie sich auch in der Südpfalz weiter verbreitet.

In den nächsten vierzehn Tagen wird sich zeigen, inwieweit sich die Befürchtungen der Virologen bewahrheiten. Ob wir bis Ostern mit dem Ausbruch einer 3. Welle rechnen müssen.

Lockerung mit dynamischen Faktoren

Die Ministerpräsidenten der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten zuletzt vereinbart, den Corona-Lockdown grundsätzlich bis zum 7. März zu verlängern. Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter 35 sinken, sollen die Beschränkungen von den Ländern schrittweise gelockert werden.

Das informelle Gremium der Staatskanzlei-Chefs der Länder mit dem Chef des Bundeskanzleramts soll einen bundesweit einheitlichen Öffnungsplan für die Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin am nächsten Mittwoch, 3. März, vorbereiten. Vermutlich wird die vom RKI vorletzte Woche veröffentlichte Empfehlung für einen Rahmenplan zur stufenweisen Lockerung eine Leitlinie für die anstehenden Entscheidungen sein.

Die Sieben-Tage-Inzidenz ist darin nicht mehr der alles dominierende Indikator, der über Lockerungen oder Verschärfungen entscheiden soll. Entscheidend für Lockerungen seien „die Inzidenzwerte zuzüglich dynamischer Faktoren“. Zu denen zählen laut dem RKI-Papier auch der Reproduktionswert R, die Auslastung der Intensivbetten oder die Quote bereits Geimpfter.

Künftig werden neben der Inzidenz also auch die Auslastung des Gesundheitssystems, die Möglichkeiten der Nachverfolgung von Infizierten oder die Quote geimpfter Menschen berücksichtigt.

Das differenzierte Lockerungs-Regime wird komplizierter

Formal kommt die Entscheidung zwar erst nächste Woche. Es ist aber schon erkennbar, worauf wir uns zustellen haben.

Wenn der Inzidenzwert innerhalb von sieben Tagen unterhalb von 50 liegt und die sogenannten dynamischen Faktoren eine positive Entwicklung aufweisen, sollen erste Lockerungen vorgenommen werden.

Wenn der Inzidenzwert sieben Tage lang unter 35 liegt und die dynamischen Faktoren weiterhin einen positiven Trend aufweisen, wird weiter gelockert. Dann könnten beispielsweise Geschäfte öffnen dürfen. Allerdings nur mit Einschränkungen, damit sich nicht zu viele Kunden auf einmal im Ladengeschäft aufhalten.

Bleibt der Inzidenzwert 35 über 14 Tage stabil, oder sinkt er, und die dynamischen Faktoren entwickeln sich positiv, sollen sich laut „Cluster 2“ maximal zehn Personen aus drei Haushalten treffen dürfen; außerdem sollen Schankwirtschaften, Hotels oder Solarien wieder öffnen dürfen. 

Rheinland-Pfalz will bereits vor dem Bund-Länder-Treffen ein sogenanntes Termin-Shopping erlauben. Dabei werden ähnlich wie in Hessen nach vorheriger Vereinbarung an die Kunden Einzeltermine vergeben, wobei allerdings immer nur ein Hausstand das Geschäft betreten darf.




Die Virusmutationen breiten sich weiter aus, vor allem die Variante, die zuerst in Großbritannien nachgewiesen wurde. Machte diese Mutante vor zwei Wochen noch einen Anteil von knapp 6 Prozent aus, sind mittlerweile gut 30 Prozent der Neuinfektionen auf diese Virusmutation zurückzuführen.

Fazit: Ob wir bereits am Anfang einer befürchteten 3.Welle stehen, oder ob die Verbreitung der neuen Virusmutanten unter Kontrolle bleibt, das werden die nächsten Tage zeigen.

Print Friendly, PDF & Email
Share